Gasmanagement

(GUE Fundamentals)

Man sollte beim Tauchen immer mindestens so viel Gas mitnehmen, dass man am ungünstigsten (tiefsten, am weitesten entfernten) Punkt noch genug Gas hat, um sich und den Tauchpartner wieder an die Wasseroberfläche zu bringen. Was bedeutet das? Man lernt doch immer, mit 50 bar aus dem Wasser zu kommen. Reicht das nicht? Und woher weiß ich, wieviel Gas ich tatsächlich brauche?

Kompressor zum Befüllen von Tauchflaschen
Kompressor zum Befüllen von Tauchflaschen

Es gibt verschiedene Methoden, den Gasvorrat zu planen. Bei Höhlentauchgängen wird zum Beispiel oft die Drittelregel angewendet. Dabei wird ein Drittel des Gasvorrats für den Hinweg, ein Drittel für den Rückweg und das letzte Drittel als Reserve (oder für den Tauchpartner) genutzt. Diese Vorgehensweise berücksichtigt aber nicht einen durch Stress oder andere Bedingungen (z. B. Strömung oder Deko) erhöhten Gasbedarf auf dem Rückweg und ist deshalb nicht immer eine gute Wahl. Deshalb wird manchmal auch eine Viertel-, Fünftel- oder Sechstelregel angewendet.

Wie geht es besser und genauer? In einem guten Tauchkurs lernt man, den Gasverbrauch anhand des persönlichen Atemminutenvolumens (AMV) zu berechnen. Ich setze diese Kenntnisse hier voraus und möchte deshalb nicht weiter darauf eingehen. In diesem Kapitel möchte ich dazu anregen, die 50 bar Regel einmal zu überdenken und den Begriff "Minimum Gas" erklären.

Mit dem Begriff "Minimum Gas" (füher "Rock-Bottom" genannt) bezeichen GUE-Taucher die Gasmenge, bei der ein Tauchgang spätestens beendet werden muss. Es muss sofort und ohne Umwege aufgetaucht werden. Auch in dem Fall, dass ein Tauchpartner plötzlich gar kein Gas mehr hat (was der schlimmste Fall wäre, der worst case), muss sichergestellt sein, dass er von seinem Tauchpartner bis zur Wasseroberfläche oder bis zur nächsten Dekoflasche mit Gas versorgt werden kann. Und das auch am tiefsten oder entferntesten Punkt des Tauchgangs. Außerdem wird davon ausgegangen, dass weder der Spender noch der Empfänger in einer Ohne-Luft-Situation so ruhig atmen wie normal. Es wird deshalb von einem erhöhten Gasverbrauch (AMV) im Notfall ausgegangen. Spätestens, wenn der erste Taucher das Minimum Gas erreicht hat, wird umgekehrt.

Beispiel

Ein Team aus zwei Tauchern unternimmt einen Nullzeittauchgang auf 30m Tiefe. Sie haben ein AMV von 20 l/min. Für eine Out-Of-Gas Situation wird wegen des Stresses mit einem um 50% erhöhten AMV gerechnet, also mit 30 l/min. Was ist das Minimum Gas?

In 30m Tiefe fallen kurz vor dem Ende der Nullzeit einem Taucher plötzlich beide Atemregler aus. Er nimmt sich den primären Atemregler seines Tauchpartners und atmet daraus. Der Spender atmet derweil aus seinem Backup-Automaten, beide atmen also aus der selben Flasche. Bis sich die Situation beruhigt hat und beide aufstiegsbereit sind, vergeht mindestens eine Minute. Danach beginnt der Aufstieg. Die Aufstiegsgeschwindigkeit wird mit 10 m/min. angenommen. Es soll ein Deep-Stop von 1 min. auf halber Tiefe gemacht werden und danach alle 3m ein Stopp von 1 min. Die kurzen Stopps dienen hauptsächlich zum Verlangsamen der Aufstiegsgeschwindigkeit und enthalten bereits die Zeit für den Aufstieg zu diesem Stopp. Von der halben Tiefe bis zur Oberfläche wird also jede Minute um 3m aufgestiegen. Bis zur Oberfläche werden somit folgende Zeiten benötigt:

1 Minute zum Sortieren und Beruhigen auf 30m
2 Minuten Aufstieg auf 15m
1 Minute Tiefenstopp auf 15m
1 Minute auf 12m (inklusive Aufstieg)
1 Minute auf   9m (inklusive Aufstieg)
1 Minute auf   6m (inklusive Aufstieg)
1 Minute auf   3m (inklusive Aufstieg)
8 Minuten Gesamtzeit

Zur Verbrauchsberechnung wird der Einfachheit halber eine Durchschnittstiefe von 15m angenommen, das entspricht einem Druck von 2,5 bar.

2,5 bar x 30 l/min. = 75 barl/min. pro Person

75 barl/min. x 8 min. = 600 barl pro Person für den gesamten Aufstieg

600 barl mal 2 Taucher = 1200 barl für den Aufstieg von 2 Personen

1200barl / 24 l = 50 bar = Minimum Gas bei D12 Flasche

1200barl / 14 l = 86 bar = Minimum Gas bei D7 Flasche

1200barl / 12 l = 100 bar = Minimum Gas bei 12 l Flasche

Im Notfall werden zum Aufstieg mit einer 12 l Flasche also 100 bar benötigt (= Minimum Gas). Im Umkehrschluß bedeutet das, dass im Normalfall spätestens bei Erreichen von Minimum Gas mit dem Aufstieg begonnen werden muss, um genug Reserven für den Notfall zu haben. Das Minimum Gas ist (bei einem Nullzeittauchgang) also nicht von der Länge des Tauchgangs abhängig, sondern von der Tiefe und dem AMV des Teams.

Sollte am tiefsten oder entferntesten Punkt die halbe Gasmenge verloren gehen (z.B. wenn eine Flasche des Doppelgerätes komplett abströmt, siehe auch Ventilmanagement), so ist nach dieser Berechnung immer noch genug Gas da, um einen Taucher sicher zurückzubringen, da Minimum Gas ja für zwei Taucher berechnet wird.

Wichtig zu erkennen ist in diesem Beispiel, dass, gerade bei kleineren Flaschen (z. B. 12 l), bei einem Tauchgang wie diesem eine Gasberechnung im klassischen Sinne mit 50 bar Reserve nicht immer ausreichend ist.

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